Deutsch-LK in Florenz

Gedichte, Essays und Kurzgeschichten


Die folgenden Texte sind von Schülerinnen und Schülern der drei Leistungskurse unserer Schule bei einem Workshop in Florenz verfasst worden. Sie hatten die Aufgabe, Eindrücke einer Stadt, nämlich Florenz, festzuhalten, die sie fast alle zum ersten Mal besucht haben. Herausgekommen sind dabei Gedichte, Essays und Kurzgeschichten, die dem Leser oder der Leserin die Stadt Florenz näher bringen.


 

Die Geschichte des freundlichen Karpfen Herr Levis und wie dieser kein Italienisch verstand

Der Arno braun,
Im Lebenstraum,
So fließt er durch Florenze

Die Schifffahrtskahne
Mit leuchtender Fahne,
Bis an des Horizonts Grenze.

Die Gebäude empor,
Schießen hervor,
Zu beiden Seiten des Arno.

Die Augen verschlossen
Durch hölzerne Sprossen
Vor des Sonnen's Inferno

Der Brücken's Gestalt,
Grazil sich entfalt
Über die wallenden Wellen.

Dem Getümmel entriss
Sich Herr von Levis,
Sprang über die tosenden Schnellen.

Verirrt aus dem Spree,
In die südliche See
Hat ihn sein Leichtsinn geführt.

Nur das Deutsche gekannt,
Nicht bewusst wo befand,
Die Fremdheit Levis verführt.

So fragt er behänd,
Den nächsten Passänt,
wo sich das Örtlein befände.

Die Antwort kam schnell,
Gar säuselnd und grell,
Doch Italienisch der Fisch nicht verstände.

Umher Levis irrt,
Fragt jeden verwirrt,
Doch Niemand konnt Antwort ihm geben.

Da zog er verlassen,
Durch Florenzes Gassen
Bis an des Endes Leben.

Lovis-Maj Bartholain


 

Eindrücke und Erlebnisse am Santa Maria del Fiore

Nun sitze ich hier. Hier, vor dem Dom Santa Marie del Fiore. Vorbei an großen Einkaufsstraßen, durch den chaotischen Markt, wo Händler nur so auf einen einredeten, was man denn kaufen solle.

Nun sitze ich hier. Hier, auf einer Treppenstufe, gegenüber vom Dom, direkt vor dem auf der linken Seite stehenden Turm, der einem zum Schwindel verführt, wenn man an ihm hochschaut. Undobwohl hier genau so viel Trubel ist und die Menschenmengen an mir vorbeiwuseln, fühle ich mich jetzt entspannt. Ruhig und entspannt beobachtend. Ich kann einfach alle Eindrücke auf mich wirken lassen.

Das Gebäude wirkt mächtigund groß. Je länger man die Fassade anschaut, desto mehr Verzierungen, Muster, Farben, Figuren und Winkel entdeckt man. Es besteht aus Marmor,bis auf die Kuppeldächer, die mit Backstein ausgestattet sind. Ein Foto ist der Santa Maria del Fiore auf jeden Fall Wert.

Nun wandern meine Augen zu den Menschen. Es ist schwer die ganze Masse aufzunehmen. Viele machen Fotos, von sich und dem Dom. Erinnerungsfotos. Manche schauen ihn sich nur mit interessiertem Blick an. Gedanken als Erinnerung. Einer ist sogar dabei, ihn zu zeichnen.Erinnerung als eigenes Werk.

Plötzlich stellt sich eine Reisegruppe direkt vor mich. Alle haben lilafarbene, kleine Ohrstöpsel im Ohr, die sie von der Außenwelt, dem menschlichenGetümmel abgrenzen. Ihre Blicke fokussieren den Dom. Totale Konzentration, auf die Informationen die ihnen durch den Ohrstöpsel weitergeleitet werden. Ihre Augen wandern gleichzeitig zu verschiedenen Elementen der Fassade. Was der Reiseführer wohl gerade erzählen mag?

Ich wende mich nach links. Eine weitere Reisegruppe von Asiaten. Anders als die vor mir, sind die Zuhörer vor Wissensdurst ganz unruhig. Die Augen strahlen nur so vor Neugierde. Jeder will so nah wie möglich an die Reiseführerin, um jedes einzelne Wort zu verstehen. Sie machen Fotos. Fotos vom Dom. Stehend, bückend, streckend, immer in Bewegung. Doch nicht nur der Dom scheint interessant, auch alles andere um sie herum. Nun kristallisiert sich ein junges Pärchenaus der Gruppe um ein Einzelportrait von dem Mann vor dem Dom zu schießen. Ich beobachte Gestik und Mimik genauer, bis sie plötzlich auf unsere schreibende Gruppe schauen und anfangen, Wörter auszutauschen die ganz klar von uns handeln. Haben sie gemerkt, dass ich sie beobachtet habe? Ich schaue weg.

Doch jetzt kommen sie zu uns, beugen sich runter und die Frau fragt: „Can we take a picture of you?"
Spontan und amüsiert willigen wir ein und der Mann quetscht sich zwischen uns, wir schneiden alle Grimassen. Cheese. Klick. Thank you.
Was war das denn? Warum wollte dieses Pärchen ein Foto von uns?
Zum Schreiben kamen wir erstmals nicht mehr, denn dieses Foto war der Auslöser für die anderen Touristen, vor uns stehen zu bleiben, die Kamera zu zücken und das Spiel „Cheese. Klick. Thank you." fuhr fort.
Weil wir so verschieden aussehen? Weil wir mit unserem Spaß, den wir uns daraus machten, ansteckten? Weil wir einer anderen Tätigkeit nachgingen und schrieben, statt Fotos aufzunehmen? Weil...?

Melissa Leimkühler

 


 

italienisch

Du läufst durch Florenz. Du siehst viele verschiedene Menschen, verschiedenster Nationen. Sie sprechen unterschiedlichste Sprachen. Manch einer spricht deine Sprache, doch meist verstehst du sie nicht. Du siehst die kleinen Supermärkte in der Innenstadt und denkst, dass hier auch die Einheimischen einkaufen. Schließlich bemerkst du nirgends einen anderen Supermarkt! Und reich müssen die Italiener sein, schließlich sind die Einkaufsmöglichkeiten maßlos überteuert. Du siehst Läden wie „MiuMiu" und „Louis Vuitton". Ja, die Italiener sind reich und Stil haben sie auch, das weiß ja jeder! Die Italiener, die verstehen was von Mode. Und trotzdem fällt dir auf, dass du wenige Einheimische antriffst. Natürlich sind da die Verkäufer in den Läden und die Bedienungen im Restaurant oder die Standbesitzer auf dem Markt, die italienisch sind. Aber wo sind die Florentiner, die mit ihrer Familie zusammen in den Park gehen? Die, die zur Arbeit gehen oder einfach ganz normale italienische Schulkinder? Du registrierst, dass aber nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch Schulen in Florenz eine Rarität bzw. nicht existent sind. Getrieben von diesen Entdeckungen und der touristentypischen Neugierde siehst du dir die „Basilica di Santa Maria Novella", den Dom und die Uffizien an. Über die Ponte Vecchio  überquerst du den Arno. Du läufst die Via Guicciardini entlang. Es werden immer weniger Menschen, immer weniger Touristen. Denn die, die jetzt deinen Weg kreuzen sind meistens Italiener. Sie düsen auf ihren Motorrädern an dir vorbei und sie betreten die Wohnhäuser die rechts und links die Straße säumen. Und während du in der Innenstadt unbemerkt bliebst, du warst nur Einer von Vielen, fällst du hier plötzlich auf. Du trägst im Gegensatz zu den Florentinern kurze Hosen, dein Rucksack ist schwer unter der Last deiner Verpflegung, die du als Tagesproviant eingepackt hast. Die Kamera, immer griffbereit um deinen Hals hängend und der Stadtplan in der Hand verraten dich. Und nicht zuletzt dein suchender und doch gleichzeitig beobachtender Blick entlarven dich als Tourist. Als Tourist unter anscheinend fast ausschließlich Einheimischen. Du läufst weiter und siehst Gebäude, die verlassen wirken. Fensterscheiben fehlen oder das gesamte Haus ist verriegelt. Vertrocknete Pflanzen stehen auf den Fensterbretter und ein einsamer Papierflieger hat sich auch hierhin verirrt. Du siehst dir die Geschäfte und Restaurants an. Sie erscheinen weniger glamourös und nicht so überteuert wie die in der Innenstadt. Vor einer Glastür bleibst du stehen und guckst ins Innere des Geschäftes. Es hat schwarz-weiße Fliesen und eine undefinierbare unangenehm wirkende Wandfarbe. Grelles Licht beleuchtet den Raum und du kannst kaum glauben, was du hier siehst: acht verschiedenste Automaten stehen nebeneinander an der Wand. Du betrittst den Laden. Du bist der einzige Kunde und sogar der einzige anwesende Mensch.  An einem Automaten gibt es Getränke, der andere bietet Süßigkeiten und wieder ein anderer Lasagne oder Nudeln an. Eine Mirowelle ist ebenfalls vorhanden und auch ein Wechselgeldautomat. Sind das etwa die „Restaurants" der Zukunft? Da gefällt dir das kleine Lokal gleich neben diesem dubiosen Laden doch viel besser. Freundlich lächelnde Kellner stehen quatschend in der Nähe der Eingangstür. Eine angenehme Atmosphäre umgibt dich, sobald du das Restaurant betrittst. Und auch wenn du nur fragst, ob du die Toilette benutzen dürftest, bleibt die Bedienung freundlich. Beim Verlassen des Lokals fragst du dich wieder, wieso es so leer ist, denn einladend und preiswert war es allemal! Du läufst die Straße weiter und lässt dich von deinen Gedanken treiben. Immer noch begegnest du nicht allzu vielen Menschen doch plötzlich siehst du Bäume am Ende der Straße. Du gehst in dieser Richtung und stehst plötzlich am Rande einer kleinen grünen Oase inmitten der Stadt. Auf einem Fußballplatz spielen die so oft vermissten Jugendlichen Fußball. Sie lachen und rufen und schreien und haben Spaß, während sie dem Ball hinterher hechten. Du siehst ihnen kurz zu. Ja, genau so hast du dir Italien vorgestellt! Irgendwie fühlst du dich in die Miracoli- Werbung mit Federico hineinversetzt. Aber auch andere nicht fußballspielende Italiener sind hier anzutreffen. Ein paar ältere Herren mustern dich skeptisch. Sie sitzen auf den Bänken neben dem Weg und reden oder lesen Zeitung. Sofort fällt dir wieder auf, wie sehr du als einziger Touri doch herausstichst. Während du den Weg entlangläufst, hast du zwar das Gefühl, dass dich hundert Blicke verfolgen, doch trotzdem fühlst du dich nicht unwohl. Es scheint dir vielmehr so, als sei es ganz natürlich. Du hast die Italiener ja schließlich auch beobachtet und sie machen jetzt genau das gleiche. Sie sind anscheinend auch einfach nur interessiert an dir und überlegen sich, was du gerade hier machst. Weit und breit ist keine Sehenswürdigkeit zu sehen und auch Hostels sind nicht in der unmittelbaren Umgebung. Und während du so weiter durch die Straßen läufst, mal hier entlang mal da entlang kommt dir ein Gedanke, der sich immer mehr festsetzt: Das hier ist das wahre italienische Leben! Und du weißt, dass du über den Alltag und das wahre Innere von Florenz in den paar Stunden, die du ziellos durch die Gassen gestreift bist mehr erfahren hast, als dir die Uffizien, der Dom oder die Kirchen, die gesamte Innenstadt je hätten zeigen können. Denn das Wahre italienische Leben spielt sich nicht um die Sehenswürdigkeiten herum ab, sondern in jenen abgelegeneren Teilen. Da, wo die Einheimischen sind. Und die halten sich meistens dort auf, wo nicht jeder Tourist ist. Oder halten sich die Touristen immer lieber da auf, wo die Einheimischen nicht sind?

Luisa Kugler


 

Florenz

Das laute Fließen der Menschen
das leise Fließen der Zeit
Die magischen Bauten die glänzen
in Augen gefüllt von Heiterkeit

Die Säulen der Stadt, die ragen
bis tief in den weiten Himmel
kein Zweifeln, Schwächeln, Verzagen
weit weg vom großen Gewimmel

Die Menschen getrieben vom Wunsch des Verstehens
vom Streben den Ort zu halten
fest, für immer, niemals vergehend
hier, wo sie doch nie verweilten

Die Stadt so groß, so makellos
so fliegt sie vorbei an der Herde
die Hektische, laut und rastlos
mit den Füßen nie ganz auf der Erde

Stephanie Birk


 

Die Letzte

Es ist heiß. Die Sonne brennt. Überall laufen Menschen um sie herum.

Sie wundert sich, denn sie hört zwar ihre Sprache, aber auch viele andere, unbekannte Stimmen, die Merkwürdiges, Unverständliches sagen. Von weitem dringt ein Brummen an ihr Ohr, laute Töne, die sie nicht zuordnen kann. Plötzlich kreuzt ein seltsames Gefährt ihren Weg. Es ist ein merkwürdig geformtes Gestell aus Eisen mit zwei sich drehenden Rädern, das ein schrilles Ringen von sich gibt und auf dem auf seltsame, fast reitende Weise, ein Mensch zu sitzen scheint.

Der Mensch rast in ungeheurem Tempo mit seinem Gefährt vorüber. Sie springt erschrocken beiseite und stößt gegen eine Ansammlung von Menschen.

Verwundert betrachtet sie sie. Ein Mann hält an einem Stab eine Fahne in die Höhe und die Masse folgt ihm. Frauen und Mädchen scheinen Männertracht zu tragen: seltsam eng anliegende Stoffe und Hemden ohne Knöpfe oder Ärmel, die -vor allem bei den Frauen- vorn weit ausgeschnitten sind- fast so, wie sich die Dirnen am Straßenrand kleiden, außer, dass diese natürlich Kleider tragen.

Die Szene ist absurd.

Die Menschen halten rechteckige, silbrig glänzende Schachteln in den Händen, aus denen ein Fernrohr hervor zu kommen scheint. Die Leute halten sich diese kuriosen Kästen sehr nah an das Gesicht, als würden sie darin etwas entdecken können.

Da ist noch etwas, das ihr auffällt.

Sie kennt den Platz, auf dem sie steht. Er kommt ihr zumindest bekannt vor...

Doch etwas ist anders. Die Wände der umliegenden Häuser tragen Schilder, die seltsam zu leuchten und zu blinken scheinen, als seien sie nicht von dieser Welt.

Sie riecht Kandis und viele andere ihr bekannte süße Gerüche, sowie die von Panini und exotischen Gewürzen- und überall liegen der ölig-satte Duft der Palmen und ein modrig-süßer Gipsgeruch der Stuckwände aus den Gassen in der Luft. Doch selbst die Gerüche haben sich verändert: Mit jedem Atemzug riecht sie auch einen stechenden Gestank und verspürt den Drang, zu husten.

Es ist verrückt.  Sie erkennt ihre Heimat und doch scheint es nicht mehr ihre Heimat zu sein...

Plötzlich sieht sie einen Mann an der naheliegenden Galerie, die seit jeher im Besitz ihrer Familie gewesen ist. Er trägt soeben ein altes Gemälde aus der Eingangstür der Galerie zu einem riesigen kastenförmigen Fuhrwerk, das metallen zu glänzen scheint und von sehr breiten schwarzen Rädern getragen wird.

Sie geht eilig auf den Mann zu und hebt winkend die Arme. Was tut er da? Was macht er mit ihren Schätzen, mit den wertvollen Besitztümern ihrer Familie?

Sie versucht zu rufen, doch kein Laut entfährt ihrer Kehle.

Der Mann verschwindet in dem komischen Gefährt, wie hinter einer eisernen Festung, Türen schließen sich mit einem lauten Knallen und er und das Gemälde sind nicht mehr sichtbar. Ein lautes Brummen ertönt und die Räder setzen sich wie von Geisterhand in Bewegung, von keiner sichtbaren Pferdestärke gezogen.

Sie rennt schneller und schneller, scheint sich jedoch nicht von der Stelle zu bewegen. Ihre Schreie und Rufe bleiben stumm.

Wie kann der Mann es wagen, ihr Hab und Gut zu stehlen? Eines der wertvollen Gemälde, das von Generation zu Generation über Jahrhunderte weitergegeben wurde.

Es war doch ihr zugefallen, darauf Acht zu geben...!

Luftschnappend erwachte sie und richtete sich aus den nassgeschwitzten Laken ihres Bettes auf.

Was war dies für ein wundersamer Traum gewesen? Er konnte nicht der Wirklichkeit entsprochen haben. Denn alles war so anders gewesen. Dinge, die sie noch nie gesehen hatte, waren ihr in dem Traum erschienen. Wie war das möglich? Wie konnte sie Dinge sehen, die nicht der Wirklichkeit entsprachen? Das alles machte ihr große Angst. Und dann dieser Diebstahl, den sie nicht hatte verhindern können...

Der Traum schien wie ein Zeichen gewesen zu sein.

Sie blickte sich in ihrem Gemach um. Neben den herrlichen Stoffen ihres Bettes, von Florentiner Webern sorgfältig verarbeitet, war das alte Emblem ihrer Familie als ein häufig vertretenes Motiv in ihrem Zimmer zu entdecken.

Sie erhob sich und legte sich ihr Seidentuch um die Schultern. Gedankenverloren blickte sie aus ihrem Fenster über die, vom roten Licht der gerade aufgehenden Sonne beschienene, Stadt Firenze.

In Gedanken an ihren Traum bekreuzigte sie sich mit zitternden kalt-nassen Händen.

Ihr Blick schweifte über die Dächer der Stadt und blieb an der Capelle Medicee hängen.

Der Traum schien ein göttlicher Weckruf gewesen zu sein.

Ihre Hand fuhr hinauf zu ihrem Amulett, das an einer goldenen Kette um ihren Hals hing.

Es war ein Erbstück Gians gewesen.

Ihr Bruder war genau vor einem Jahr gestorben und lag in der Kapelle der Familie begraben.

Nun war sie die Letzte ihrer Blutslinie.

Die Glocken schlugen, es kam ein leicht kühler erfrischender Wind durch das geöffnete Fenster und blies ihr ins Gesicht.

Seitdem ihr Bruder verstorben war, hatte sich einiges geändert. Das Gefühl von Einsamkeit und Sehnsucht hatte sich in letzter Zeit immer mehr verstärkt. Sie nahm ihr Amulett vom Hals und betrachtete es voller Trauer. Dabei merkte sie, wie ihr langsam die salzig-warmen Tränen über die Wangen liefen.

Auf dem Amulett war das Emblem ihrer Familie abgebildet: Ein ovales Wappen, dass eine Vase darstellte. In ihr befand sich eine gelbe Flüssigkeit in der fünf rote Pillen aufgemalt waren. Bisher hatte sie nie darauf geachtet, aber die roten Pillen, die eigentlich die Abstammung ihrer Familie von Apothekern und Ärzten darstellen sollte, schienen ein „V" zu bilden. Dabei dachte sich an Wörter wie „Vertrauen", „Vergangenheit" und „Vermissen". Zu guter Letzt kam ihr „Verantwortung" in den Sinn. Ja, Verantwortung war die Aufgabe, die sie nun für ihre verwandten Vorfahren zu tragen hatte. Verantwortung für all den vererbten Reichtum ihrer Familie, der sich in den letzten 300 Jahren aufgebaut hatte und nun ihr hinterlassen worden war. Sie war verzweifelt und wusste nicht, wem sie sich anvertrauen konnte, der sie nicht um ihr Geld und um ihre Macht beneidet hätte, denn dies war das Schicksal, das ihre Vorfahren ereilt hatte: Mord durch Habgier.

Was würde geschehen, wenn sie sterben würde? Was würde mit ihrem Eigentum passieren? Würden es Fremde nur für den finanziellen Zweck ausnutzen, ohne dessen Bedeutung zu erkennen, ohne Beachtung der Geschichte, die es prägte? Würde ein fremder Mann eines ihrer Lieblingsgemälde stehlen, so wie in ihrem Traum?

Ihre Hand schloss sich um das Amulett zu einer Faust. Nein. Nein, das durfte nicht geschehen.

Sie setzte sich an ihren Schreibtisch, nahm ihre Feder und ließ auf dem Pergament in kunstvoller Kaligraphie das Wort TESTAMENT erscheinen...

Anna Maria Medicee, die Letzte ihres Blutes


Sonja Sanft & Adina Priedemann

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